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Zusatzversicherungen: Sinnvoll ist nur die Hälfte

Chefarzt, Heilpraktiker, Zähne – viel Geld fließt in Extrapolicen für gesetzlich Krankenversicherte. Doch nicht jede private Zusatzversicherung ist sinnvoll. Die Stiftung Warentest hat eine Tabelle mit allen privaten Zusatzversicherungen erstellt und beschreibt darin, was sie leisten und wer sie braucht. Von einigen Ergän­zungspolicen raten wir vollständig ab.

Das Sozialgesetzbuch regelt, was gesetzlich Krankenversicherten zusteht: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“ Wer als Kassenpatient mehr will, muss das selbst bezahlen – es sei denn, er hat eine private Zusatzversicherung. Solche Versicherungen übernehmen Kosten, die die Kasse gar nicht trägt, zum Beispiel für Heilpraktikerbehandlungen oder für einen Krankenrücktransport aus dem Auslandsurlaub.

„Die Rundum-Zusatz­Versicherung“ oder „Sichern Sie sich erstklassige Behandlung“ – so heißt es in der Werbung für private Zusatzpolicen. Doch nicht immer bringen sie so viele Vorteile wie erhofft. Die Leistungen sind stets begrenzt, was Kunden häufig nicht sofort erkennen können. Die Einschränkungen stehen im Kleingedruckten und fallen erst auf, wenn der Versicherer eine Rechnung nicht vollständig begleicht oder die Übernahme der Kosten vollständig verweigert.

Wir haben zwölf geläufige Versicherungsangebote gesichtet und listen vergleichen Policen, die sich lohnen können mit denen, die überflüssig sind. Die Tabelle zeigt, was welche Versicherung mit sich bringt und wer sie brauchen kann.

Die häufigsten privaten Zusatz­versicherungen

Beispiel Krankenhaustagegeldversicherung:

Die Experten von Finanztest halten sie für unnütz, trotzdem gibt es in Deutsch­land 7,8 Millionen Policen. © Stiftung Warentest

Was man wirklich braucht

Ob Brillen- oder Pflegetagegeldversicherung  –  vor dem Abschluss sollten Kunden sich die Frage stellen: Was wäre, wenn ich die Kosten selbst tragen müsste? In den meisten Fällen ist das finanzielle Risiko überschaubar, das ein Extraschutz abdeckt. Nur in wenigen Fällen kann es für einen Patienten oder Pflegebedürftigen existenzgefährdend werden.

Sehr zu empfehlen ist eine Police für alle, die außerhalb Deutschlands Urlaub machen: die Auslandsreise-Krankenversicherung. Die günstigsten sehr guten Verträge sind ab etwa 10 Euro im Jahr zu haben.

Andere Zusatzpolicen können das Leben als Kassenpatient angenehmer machen. Es hängt aber von den persönlichen Präferenzen und von den finanziellen Möglichkeiten ab, ob eine Versicherung sinnvoll ist.

Wer nur alle fünf Jahre mal zum Heilpraktiker geht, benötigt dafür nicht extra eine Versicherung. Auch für Policenpakete wie Kombinationen aus Heilpraktiker-, Brillen und Zahnleistungen gilt nicht „viel hilft viel“. Denn für jede Leistung müssen Kunden Beiträge zahlen – auch wenn sie diese nie nutzen. Es ist daher besser Tarife zu suchen, die nur das Nötige abdecken.

© Doro Spiro

Unser Rat

Bedarf.

Als gesetzlich Krankenversicherter können Sie Ihren Versicherungsschutz durch private Zusatzpolicen erweitern. Zwingend notwendig ist keine dieser Versicherungen, einige können aber sinnvoll sein.

Vergleich.

Besonders bei Zusatzversicherungen für Zahnersatz, Brillen und Naturheilverfahren sind die Verträge oft kompliziert und Leistungen sind oft eingeschränkt. Anders als die Werbung manchmal verspricht, müssen Sie fast immer dazuzahlen. Vergleichen Sie deshalb Bedingungen und Beiträge.

Gesundheitsfragen.

Im Antrag fragt ein Versicherer nach Erkrankungen und Behandlungen in der Vergangenheit. Antworten Sie voll­ständig und korrekt. Tun Sie das nicht, können Sie den Versicherungsschutz

Wechsel.

Haben Sie bereits eine Zusatzpolice und wollen in einen besseren oder günstigeren Vertrag wechseln? Prüfen Sie zunächst die Angebote Ihres derzeitigen Versicherers. Ein Tarifwechsel beim eigenen Versicherer ist oft günstiger, weil Sie nicht wegen Erkrankungen abgelehnt werden können und für viele Leistungen keine erneuten Wartezeiten einhalten müssen.

Kassenangebote.

Zusatzangebote Ihrer gesetzlichen Kasse sind oft nicht die beste Wahl. Die Kasse kooperiert nur mit einzelnen Versicherern, und der Beitragsnachlass ist meist gering. Wählen Sie lieber unter allen Versicherern geeignete und günstige Angebote aus.

Andere als die GKV

Private Versicherungen funktionieren anders, als es Versicherte von ihrer gesetzlichen Krankenkasse kennen:

Beiträge richten sich nicht nach dem Einkommen, sondern nach Alter und Gesundheitszustand beim Abschluss. Jüngere zahlen in der Regel weniger.

Versicherer können Kunden, zum Beispiel wegen Vorerkrankungen ablehnen.

Außerdem können Unternehmen für bestimmte Erkrankungen Risikozuschläge verlangen oder bestimmte Leistungen ausschließen. Kinder oder Ehepartner ohne eigenes Einkommen brauchen eigene Verträge, für die ebenfalls Beiträge fällig sind. Leistungen sind nicht gesetzlich geregelt, sondern hängen davon ab, was in den Versicherungsbedingungen steht.

Unabhängig. Objektiv. Unbestechlich.

Kein Schutz für laufende Fälle

Wer eine private Zusatzversicherung abschließen will, muss fast immer Gesundheitsfragen beantworten, die der Versicherer im Antrag stellt. Diese Fragen müssen Interessenten unbedingt wahrheitsgemäß und vollständig beantworten. Wer etwas weglässt oder verharmlost – selbst wenn es versehentlich passiert – riskiert den Versicherungsschutz.

Bei Zahnzusatz- und Auslandsreise-Krankenversicherungen sind die Fragen oft recht simpel. Bei Pflege- und Krankenhauszusatzversicherungen wollen die Gesellschaften es schon genauer wissen und fragen auch über mehrere Jahre zurück nach Untersuchungen und Behandlungen.

Versicherer müssen übrigens die Angaben nicht sofort überprüfen. Oft forschen sie erst gründlich nach, wenn ein Kunde zum ersten Mal eine Rechnung einreicht.

Schnell noch eine Versicherung abzuschließen, wenn eine teure Behandung ansteht funktioniert nicht. Raten Arzt oder Zahnarzt zu einer Behandlung, sehen Versicherer das als eine bereits laufende Behandlung an, die von der Erstattung ausgeschlossen ist.

Auch wenn nichts Konkretes ansteht: Wer eine Zusatzversicherung abschließt, kann die Leistungen nicht sofort nach Vertragsschluss in Anspruch nehmen. Üblich ist eine Wartezeit von drei Monaten. Bei Zahnersatz oder einer Entbindung im Krankenhaus müssen sich Patienten in der Regel acht Monate gedulden, bis der Versicherer erstmals Kosten übernimmt.

In den ersten Versicherungsjahren begrenzen viele Gesellschaften vor allem beim Zahersatz die Leistungen auf bestimmte Höchstsummen. Teilweise übernehmen sie Kosten auch dauerhaft nur bis zu einem fesgelegten Höchstbetrag.

Kündigungsrecht der Versicherer

Nach den Musterbedingungen der privaten Kranken­versicherer können Gesellschaften Zusatzpolicen in den ersten drei Jahren ohne Angabe von Gründen kündigen. Die meisten Versicherer verzichten aber ausdrücklich auf dieses Kündigungsrecht. Es ist wichtig sich zu vergewissern, dass dies in den Bedingungen steht. Dann können Kunden sicher sein, dass sie nicht aus dem Vertrag geworfen werden – auch wenn sie schwer erkranken.